Füssen fehlt es an Steuerkraft

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Kreisbote Füssen vom 20.02.2019

Füssen – Verscherbelt die Stadt ihr Tafelsilber in Form von Grundstücken und Bauland, um ihren Haushalt aufzuhübschen?

An dieser Frage entzündete sich in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses in der vergangenen Woche ein Schlagabtausch vor allem zwischen FW-Stadträtin Christine Fröhlich und Bürgermeister Paul Iacob (SPD). Am eigentlichen Haushalt und den darin enthaltenen Posten hatten die Mitglieder des Finanzausschusses bekanntlich wenig zu kritisieren (der Kreisbote berichtete am Samstag). 

Umso angeregter debattierten die Stadträte aber Grundsätzliches. Den Stein ins Rollen gebracht hatte Christine Fröhlich von den FW. Auf den ersten Blick seien die Haushaltszahlen zwar gut, so die Stadträtin. „Man kann die Zahlen aber auch anders lesen.“ Ihren Berechnungen zufolge komme es im Verwaltungshaushalt zu zusätzlichen Ausgaben in Höhe von fast einer Million Euro. „Wo sind die 900.000 Euro?“, fragte sie.

Sie vermute, dass das Geld in die sogenannten freiwilligen Leistungen fließe. „Wir wissen zu wenig über unsere freiwilligen Leistungen im Verwaltungshaushalt“, kritisierte sie. „Diesen Überblick mahne ich an!“ Ohnehin profitiere die Stadt derzeit vor allem von der guten Konjunktur. „Wir haben die komfortable Situation, dass wir hohe Steuereinnahmen haben.“ 

Umso bedenklicher sei die „sehr sehr unterdurchschnittliche“ Steuerkraft pro Einwohner in Kombination mit der überdurchschnittlich hohen Pro-Kopf-Verschuldung von rund 1700 Euro pro Füssener. Zusammen mit den Haushalten der Stiftungen und städtischen Eigenbetrieben komme sie sogar auf eine Pro-Kopf-Verschuldung von 3300 Euro pro Einwohner, rechnete sie vor. Hier falle Füssen ihren Berechnungen zufolge im Landkreis-Vergleich Jahr für Jahr weiter zurück. „Das ist ein Zeichen, dass wir uns Gedanken über die Einnahmeseite machen müssen“, mahnte sie. 

Auch Ilona Deckwert von der SPD verwies auf die schlechten Zahlen im Vergleich. „Extrem unterdurchschnittlich“ sei die Pro-Kopf-Steuerkraft in Füssen, die gerade einmal 65 Prozent des bayerischen Durchschnittswerts erreiche. Dazu komme, das der Landkreis Ostallgäu selbst als finanzschwach gelte und im wesentlichen durch die Steuerkraft von zehn starken Kommunen getragen werde. 

FW mit Bedingungen

Christine Fröhlich kritisierte darüber hinaus die Grundstücksverkäufe durch die Stadt. Sie habe ausgerechnet, dass der Stadt durch Kauf und anschließenden Wiederverkauf von Flächen seit 2015 ein Defizit von fast drei Millionen Euro entstanden sei. „Wir müssen uns grundsätzlich Gedanken machen, wo der Haushalt hingeht“, sagte Fröhlich. Dabei gehe es auch um die Frage, wie die Stadt von ihrem Schuldenberg in Höhe von rund 26,5 Millionen Euro runter kommen wolle. Daher schlug sie die Entwicklung eines Schuldenabbau-Programms vor. Dieses sei Voraussetzung für die Zustimmung der Freien Wähler zum Haushalt 2019, kündigte die Stadträtin an. 

Bürgermeister Paul Iacob (SPD) entgegnete Fröhlich, dass der Kauf und Verkauf von Grundstücken städtische Wirtschaftspolitik sei. „Wir kaufen Grundstücke zu einem vernünftigen Preis, veredeln sie mit Erschließungen und verkaufen sie dann zu einem höheren Preis“, erklärte er. „Wir brauchen nicht Grundstücke kaufen, um auf ihnen sitzen zu bleiben. Die Grundstücke müssen für uns arbeiten“, betonte er und verwies auf den Gewerbepark des Zweckverbands Allgäuer Land (ZVAL) im Füssener Westen. Dort sei man beispielsweise so verfahren. 

Rechnet sich das?

Das wiederum wollte Fröhlich so nicht stehen lassen, die die Frage in den Raum warf, ob sich der Gewerbepark des ZVAL für die Stadt überhaupt rechne. Denn bisher seien ihren Informationen zufolge von den dortigen Unternehmen kaum Gewerbesteuer gezahlt worden. Das liege daran, erklärte Iacob, dass die Firmen noch nicht lange genug vor Ort seien. „Die Betriebe müssen in den ersten Jahren keine Gewerbesteuer zahlen“, so Iacob. Bis die Stadt die ersten Einnahmen verzeichne, dauere es zwei bis drei Jahre nach Ansiedlung einer Firma. 

„Wir verkaufen kein Tafelsilber!“, ergänzte SPD-Fraktionschef Lothar Schaffrath. „Das haben wir früher gemacht.“ Dass die Steuerkraft pro Einwohner in Füssen deutlich unter dem bayerischen Durchschnitt liege, sei hinlänglich bekannt, erläuterte Kämmerer Marcus Eckert. Das liege vor allem an den Niedriglöhnen in der Tourismus- und Hotelbranche. „Das ist halt etwas anderes als beispielsweise BMW“, so der Kämmerer. Für Bürgermeister Iacob ein Grund, die touristische Qualität noch weiter zu steigern. „Dann haben wir auch höhere Einnahmen!“ 

Tourismus als „Zuckerl“

Der Hopfener Hotelier und CSU-Stadtrat Peter Hartung wehrte sich mit Nachdruck dagegen, die Tourismusbranche als „Prügelknabe der Nation“ darzustellen. „Der Tourismus ist die Leitökonomie dieser Stadt“, betonte er. Auf der einen Seite würden die Niedriglöhne beklagt, auf der anderen Seite aber zu wenig getan, um den Tourismus zu stützen. Höhere Steuereinnahmen könne die Stadt nur erzielen, wenn sie weiteres Gewerbe ansiedle. „Der Tourismus ist für eine Kommune immer das Zuckerl. Gewerbesteuereinnahmen sind Aufgabe der Stadt“, sagte der Stadtrat.

mm