Wenn Wahlkämpfer gerade mal eine Minute haben

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Allgäuer Zeitung vom 17. Februar 2020

Jugendhaus
Bürgermeister-Kandidaten müssen sich bei nächster Diskussionsrunde mit kurzen Statements begnügen

Füssen

Politische Statements ziehen sich oft in die Länge, was dann zu Langeweile bei den Zuhörern führt. Ein Minütchen, das den drei Füssener Bürgermeister-Kandidaten im Jugendzentrum Jufo für Antworten eingeräumt wurde, ist wiederum nicht viel Zeit für Wahlkämpfer. Christine Fröhlich (Freie Wähler), Maximilian Eichstetter (CSU) und Erich Nieberle (SPD) ernteten dennoch nach dem gut 90 Minuten dauernden, teilweise witzigen Frage- und Antwortspiel starken Beifall der annähernd 100 Zuhörer.

Auf dem Podium sitzend hatten sie sich „tapfer geschlagen“, wie der souveräne Moderator Thomas Scheibel meinte und das Publikum darauf hinwies, dass jeder Kandidat im Jufo noch für Gespräche Bereitschaft zeigen würde. Die jungen Wähler nutzten die Gelegenheit zum Vier-Augen-Gespräch. Wer nicht nur hungrig auf Infos aus erster Hand war, wurde vom Team des Jufo-Leiters Stefan Splitgerber mit Pizzastücken versorgt. Der Kreisjugendring – vertreten durch den Sozialpädagogen Mirko Zeisberg und seiner Kollegin Anna Heiland von der Projektstelle „What‘s UP? – Aktive Jugendbeteiligung im ländlichen Raum“ – hatte als Veranstalter auf eine neue Form im Umgang mit Lokalpolitikern gesetzt. Und so erfolgreich signalisiert, dass kommunale Themen auch andere als im traditionellen Stil seriös kommuniziert werden können.
Veronika Blumtritt auf dem Posten Jury griff nur einmal ein. Es handelt sich, wie sich sofort herausstellte, aber um ein Missverständnis. Es war kein Foul erfolgt, es blieb fair. Freilich konnte man Moderator Scheibel gut verstehen, als er anmerkte: „Es freut uns, dass ihr so nett zueinander seid.“ Will heißen: Bei den viel diskutierten Füssener Themen wie Wohnen, Bau eines Hallenbads und – nicht zuletzt – das Weidach als Standort für das neue Jugendzentrum gab es nur unmerkliche Unterschiede, was Fröhlich, Eichstetter und Nieberle dazu sagen wollten. Auf dem Podium herrschte Einigkeit darüber, dass Füssen für junge, außerhalb der Stadtmauern gut ausgebildete Frauen und Männer attraktiver werden müsse. Die Fragen an die Kandidaten hatte ein junges, unabhängiges Team zusammengestellt. Die Veranstaltung hatte hohen Unterhaltungswert. Die Persönlichkeit der Kandidaten besser einschätzen zu können als durch das ausliegende Hochglanzwerbematerial, dürfte gelungen sein. Alle Drei übrigens stellten aus ökonomischen und ökologischen Gründen das Plakatieren in Frage.

Der Versuch, auf junge Wähler sympathisch zu wirken, drückte sich nicht zuletzt auch in der gewählten Bekleidung aus. Fröhlich kam ins Jufo mit jugendlich modischem Blazer. Eichstetter verzichte aufs Jackett und zeigte dem Publikum ein hochgekrempeltes Hemd. Nieberle hatte sich einen Kapuzenpulli übergezogen. Am Rande der Veranstaltung, die – so Stimmen – noch mehr jugendliche Teilnehmer hätte anlocken sollen, wurde angeregt, dass Lehrer ihre Schüler in sachlicher Form für Politik interessieren sollten. In Füssen – wie die Kandidaten unterstrichen – dürften Jugendliche, die aktiv werden, mit großer Unterstützung vom neu besetzten Bürgermeisterstuhl rechnen. (ha)